Industriepark Oberelbe (IPO) – Und kein Ende
In letzter Zeit wurde schon viel über Chancen und Risiken dieses großen Projektes berichtet. Wenn es um die Schaffung von Arbeitsplätzen und um steigenden Wohlstand geht, ist es auch Anliegen vieler Menschen, dass der Gewerbepark trotz aufgezeigter Risiken realisiert wird. Bei den Vätern und Machern dieser Idee geht es natürlich in erster Linie darum, die Möglichkeiten des Wachstums beim Schopfe zu packen.
Die Schäden, die der Umwelt angetan werden, werden kleingeredet. Mit begleitenden Maßnahmen sollen Ausweichprojekte realisiert werden. Ob diese ausreichen, muss mit Umweltverträglichkeitsanalysen nachgewiesen werden.
Natürlich ist es ein Problem, dass die ostdeutschen Länder im Jahr 2017 bei nur 69% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) / Einwohner gegenüber den alten Bundesländern lagen.
In Zahlen: 29.000 €/EW zu 42.000 €/EW. Da gibt es einen Nachholbedarf. Aber die Frage ist, um jeden Preis?
Ein Mitarbeiter des BUND e. V. (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) schrieb im Oktober 2018 an die Bürgermeister und Stadträte von Pirna, Heidenau und Dohna einen offenen Brief, in welchem er sich zum IPO äußerte. Vor allen Dingen geht es um den Schutz unserer wichtigsten Lebensgrundlage, des Bodens. In Deutschland werden z. Zt. 62 ha/Tag, das entspricht 100 Fußballfeldern, landwirtschaftlicher Nutzfläche in Bauland für Wohnraum, Industrie und Infrastruktur umgewandelt. Deutschland hat sich 2015 zu den Zielen der Agenda 2030 der UNO bekannt. Ein Ziel davon ist, dass der Flächenverbrauch bis 2030 auf unter 30ha/Tag reduziert wird. Die 140 ha für den IPO sprechen klar dagegen. Sachsenweit wurden Gewerbegebiete mit hohen finanziellem Aufwand für die Infrastruktur aufgebaut. Viele von ihnen stehen leer oder fast leer. Sie kosten aber weiterhin Geld für Pflege und Unterhaltung. Unter diesem Gesichtspunkt müssen die mindestens 100 Mio. Euro gesehen werden, die die Erschließung des Gewerbegebietes kostet. Heidenau selbst weist mit dem seit mehr als 20 Jahren fast ungenutzten Gewerbegebiet an der Dresdener Straße und den Industrieruinen entlang der Bahnstrecke Heidenau – Pirna ungenutzte Reserven auf. Der Flächenverbrauch ist eines der dringendsten Umweltprobleme. Die bekannte Wissenschaftlerin, Prof. Dr. Antje Boetius ließ sich zu dem Aufschrei verleiten: „Trotz all der Forschung, die wir bereitstellen, trotz unserer Erkenntnisse hat man das Gefühl, da sitzen Leute auf ihren Ohren“.
Ein großes Industriegebiet auf der vorgesehenen Fläche würde das Landschaftsbild unwiderruflich stark beeinträchtigen. Die Hochwassergefahr für die tiefer liegenden Ortslagen von Pirna und Krebs würde steigen. Die Verkehrsbelastung mit ihrer Feinstaub- und vor allem Lärmemission würde vor allem für viele Anwohner in Dohna, Großsedlitz und Heidenau-Süd zu einer nicht mehr zumutbaren Dauerbelastung anwachsen.
Sehr zu hinterfragen ist die Zielstellung, dass mit dem IPO zusätzlich ca. 3000 Menschen eine
Beschäftigung finden werden. Dies widerspricht der gegenwärtigen Lage auf dem Arbeitsmarkt. Bei guter Konjunktur klagen viele Handwerker und mittelständische Firmen, dass es immer schwieriger wird, geeignete Mitarbeiter zu finden. Mit dem Gewerbepark würden bei dort möglicher besserer Bezahlung zu einer Konkurrenzsituation betreffs Arbeitskräften kommen und die „Kleinen“ hätten das Nachsehen. Gerade die Kommunen leben vom Mittelstand.
Bezüglich möglicher Interessenten an Flächen des IPO hält man sich bedeckt, mit dem Hinweis, dass es noch kein Baurecht gibt, und somit keine Bindungen eingegangen werden können.
Wenn man die Meinungen von Mitbürgern, speziell aus den betroffenen Orten und Stadtteilen wahrnimmt, so möchte man die negativen Auewirkungen dieses großen Projektes nicht auf sich nehmen. Einwohnerversammlungen bringen das eindeutig zum Ausdruck. Die Befürworter sind bei diesen Zusammenkünften in der Minderzahl.
Kommunalpolitiker sind dafür und haben die Weichen mit Gründung des Zweckverbandes mit Unterstützung der Landesregierung gestellt. Sie fühlen sich legitimiert, da Bürgermeister und Stadträte letztendlich gewählt wurden und sie somit die vermeintlich besten Lösungen beschließen können.
Aus dieser Gemengelage heraus ist die „Bürgerinitiative Oberelbe“ gestartet worden. Alle Bürger von Pirna sollen bei Darstellung aller Vor – und Nachteile letztendlich darüber entscheiden, ob der Gewerbepark eine Zukunft hat oder nicht. Dies wäre eine wirklich demokratische Entscheidung, mit der dann beide Seiten leben könnten.
Da die politischen Entscheidungen zum IPO gefallen sind, müssen von den Initiatoren des Bürgerentscheides noch einige rechtliche Hürden genommen werden, die die Befürworter aufbauen werden. Aber, wenn man von den Chancen des Gewerbepark überzeugt ist, sollte den Kommunalpolitikern vor einem Bürgerentscheid nicht bange sein.
Peter Fischer